Weltweit gültige Normen wären für viele Exporteure von Maschinen, Anlagen oder Geräten ein Traum. Die Realität sieht jedoch anders aus. Insbesondere in den USA existieren diverse Besonderheiten, die deutsche Lieferanten zu beachten haben. Ein Fachexperte klärt auf.

Weltweit gültige Normen – das wäre für viele Exporteure von Maschinen, Anlagen und Geräten jeglicher Art ein Traum. Es würde so vieles vereinfachen. Die Realität sieht jedoch anders aus. Denn obwohl IEC- und ISO-Normen weltweit eine hohe Beachtung erfahren, sind es letztendlich doch „nur“ etwa 100 Länder, die mit den von diesen Organisationen festgelegten Reglements für die Bereiche Elektrik, Elektronik oder die Mechanik arbeiten. In Europa sind EN-Normen ein Wort. Dennoch sind auch diese aufgrund der nationalen Abweichungen in den Normen der jeweiligen Länder, also zum Beispiel der DIN-Norm oder der Ö-Norm, unterschiedlich geregelt.

„Je nachdem, in welchem Teil der Welt Maschinen laufen oder elektrische Geräte eingesetzt werden, müssen sie unterschiedliche Ansprüche an die Sicherheit erfüllen“, fasst Dirk Dudziak, Area Sales Manager Electrical bei Intertek Deutschland GmbH, zusammen.

Intertek liefert mit einem Netzwerk von mehr als 1.000 Laboren und Büros und über 44.000 Menschen in mehr als 100 Ländern weltweit innovative und maßgeschneiderte Qualitätssicherungs-, Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungslösungen. Dirk Dudziak ist Experte für die Region Nordamerika.

„Die USA sind für Maschinen- und Anlagenbauer einer der weltweit attraktivsten Absatzmärkte. Bezüglich Standards, Sicherheitsprüfungen und Zertifizierungen gelten jedoch diverse Besonderheiten. Die USA haben sehr häufig ihre eigenen Regeln.“ sagt Dudziak.

„OSHA, NRTL-Label oder AHJ – das sind Begriffe, über die Mitgliedsbetriebe der IHK Hannover oft stolpern, wenn sie sich mit den Zulassungen ihrer Maschinen und Geräten in den USA beschäftigen…“

„Die Occupational Safety and Health Organisation (OSHA) legt Sicherheitsanforderungen an den Arbeitsplatz fest und akkreditiert die NRTL. NRTL steht für National Recognized Testing Laboratory – also ein Labor, das elektrische Geräte, Einrichtungen, Materialien sowie Verfahren approbiert und durch das Anbringen eines anerkannten Labels dokumentiert. Die drei größten NRTL in USA sind UL, Intertek (ETL) und CSA. Bei der Authority Having Jurisdiction (AHJ) handelt es sich um eine lokale Behörde, die dem Anlagen- oder Maschinenbetreiber die Zulassung für den Anschluss von elektrischen Anlagen genehmigt. Sie kann ihre Zustimmung von der Untersuchung und erfolgreichen Abnahme mit Labeling durch ein NRTL abhängig machen.“, zählt Dudziak auf.

„Das war es aber noch nicht, oder?“

„Leider nicht“, stimmt Dudziak zu. „Es gibt diverse weitere Vorschriften, die deutsche Lieferanten zu beachten haben. Die werden übrigens oft von wieder anderen Institutionen herausgeben. Den National Electrical Code (NEC) zum Beispiel oder die Vorschriften von der National Fire Protection Association für elektrische (Gebäude-) Installationen und Geräte. Das American National Standards Institute (ANSI) akkreditiert Standards, die Federal Communications Commission (FCC) prüft die Verträglichkeit Radio, Fernsehen, Satellit und Kabel. Und auch mit diesen Beispielen ist die Liste noch nicht komplett.

Europäische Hersteller von elektrischen Maschinen und Komponenten kennen oft nicht die Bestimmungen, die in den einzelnen US-amerikanischen Bundesstaaten oder den örtlichen Behörden nach den Auflagen der OSHA oder der AHJ gelten. Diese Hürde ist aber zu nehmen! Gerade die Rolle des AHJ im Genehmigungsprozess kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Denn vom AHJ erhält der Betreiber letztendlich die Zulassung für den Anschluss von elektrischen Anlagen.“

„Viele AHJ und Endkunden verlangen die Zertifizierung oder ein Field Labeling mit Zertifizierungs-Zeichen durch ein anerkanntes NRTL. Allein um sich rechtlich abzusichern“.

„NRTL-Label oder Field Labeling, da gibt es Unterschiede“, warnt Dudziak. Das Listing oder die Typ-Zertifizierung kommt für Produkte, die in größerer Stückzahl und über einen längeren Zeitraum produziert und geliefert werden sollen, in Betracht – Laborgeräte oder Kaffeemaschinen zum Beispiel. Für Sonderanfertigungen oder Einzellieferungen in die USA gibt es weitaus weniger komplexe und kostenreduzierte Möglichkeiten, das NRTL-Zeichen zu erhalten.“

„In den USA gibt es unterschiedliche Arten von Stromkreisen; Symbole im Schaltplan unterscheiden sich von den europäischen Symbolen. Gibt es weitere Unterschiede, über die deutsche Hersteller immer wieder stolpern?“

„Die falsche Auswahl und Dimensionierung der Komponenten oder falsche Verdrahtung der Aderfarben sind häufig vorkommende Fehler. Oder die Querschnittsauslegung. Oft wird auch nicht korrekt geerdet oder ein komplett falscher Standard angesetzt.“, antwortet Dirk Dudziak. „Es ist sinnvoll, bestimmte Normen bereits in der Produktentwicklung zu berücksichtigen. In Sachen Spannung oder Anschlüsse zum Beispiel.“

Ein guter Rat?

„Sich externe Fachleute ins Haus zu holen, die zu Normenfragen und Prüfungen beraten, empfiehlt sich unter dem Strich immer. Intertek berät hier gerne, unterstützt mit Fachleuten auch entwicklungsbegleitend. Und: Gerade in Europa sehen wir die Bemühungen, Richtlinien zum Betrieb und zur Konstruktion von Maschinen und Anlagen zu vereinheitlichen. Also: „Never stop dreaming!“

Newsletter der IHK Hannover, 20.01.20