Die Niederlande konnten die Rezession überraschend hinter sich lassen und starteten besser als erwartet ins Jahr 2012. Das Statistikamt CBS korrigierte seine Angaben für das 1. Quartal 2012 nach oben; die Volkswirte hatten zuerst mit einem weiteren Schrumpfen der Wirtschaft gerechnet. Entgegen der Prognosen legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Quartal 2012 um 0,3% gegenüber dem Vorquartal zu.

Export als einziger Wachstumstreiber

Dass das Land die Rezession nach einem halben Jahr und somit eher als erwartet hinter sich lassen konnte, ist hauptsächlich auf den steigenden Export zurückzuführen. Insbesondere aus Deutschland stieg die Nachfrage. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hängt stark von den Ausfuhren und somit der Konjunktur der Nachbarländer ab. Experten gehen davon aus, dass das Wachstum erst wieder in Schwung kommt, wenn auch ein zunehmender Konsum die Konjunktur stärkt. Das Vertrauen der Konsumenten und ihre Ausgaben sind allerdings von Unsicherheiten geprägt.

Die Fachleute der ING Bank gehen davon aus, dass das BIP im 3. und 4. Quartal 2012 erneut schrumpfen wird und das Land zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren in die Rezession abrutschen könnte. Anlass für die Prognosen sind der schwache private Konsum (-0,2%), die Staatsausgaben (-0,5%) und der Export (-1,0%), die laut ING im 2. Quartal 2011 abnehmen werden.

Die amerikanische Ratingagentur Fitch hat Vertrauen in die niederländische Wirtschaft und bestätigt die Bonität des Landes. Die flexible, diversifizierte und konkurrenzfähige Wirtschaft und die internationalen Investitionen des Landes tragen dazu bei, dass die Agentur den Niederlanden das Spitzenrating von AAA verleiht. Im Frühjahr 2012 hatte Fitch noch vor einer Aberkennung der Bestnote für die Niederlande gewarnt, wenn das Land die Schulden weiter wachsen ließe. Der Ratingausschuss sah im Juni aber doch ein großes Potenzial für das Land.

Auch Coface ist der Ansicht, dass das prinzipiell günstige Umfeld für Geschäftstätigkeiten in den Niederlanden bestehen bleibt, und belässt den Geschäftsklimaindex (Business Climate Ranking) in der Spitzenkategorie A1. Das Länderrating für politische und wirtschaftliche Risiken bleibt in der Kategorie A2. Die Eurokrise und die gescheiterte Minderheitsregierung zwingen dazu.

Die Kategorie A2 beschreibt allerdings eine weiterhin gute politische und wirtschaftliche Situation, in der das grundsätzlich stabile und effiziente Geschäftsumfeld Raum für Verbesserungen lässt. Die Wahrscheinlichkeit für Zahlungsausfälle bei Unternehmen bleibt indessen generell gering.

Euler Hermes zeichnet die Niederlande ebenso mit der Höchstbewertung AA aus (Landesrating). Für das Länderrisiko-Rating schreiben sie dem Land ein mittleres Risiko zu.

Gemessen an der Wirtschaftskraft ihres Landes sind die Niederlande Spitzenreiter bei Hypothekenschulden. Diese betrugen 2012 rund 107% des BIP. Zu dieser Entwicklung haben Steuervergünstigungen für die Raten auf Eigenheimkredite beigetragen, die eine lange Tradition haben und nun heftig diskutiert werden. Politik und Banken drängen auf das Auslaufenlassen der Vergünstigungen oder deren gänzlicher Abschaffung.

Weiter sinkende Kreditnachfrage

Die nationalen Banken rechnen laut der niederländischen Zentralbank auch im 2. Quartal 2012 mit einer weiter sinkenden Kreditnachfrage, insbesondere bei Unternehmenskrediten und Hypotheken. Aus einer Umfrage der Europäischen Zentralbank geht hervor, dass die Mehrheit der holländischen Banken ihre Kriterien für Kreditwürdigkeit nicht verschärfen werden.

Nur eine an der Umfrage teilnehmende Bank gab an, im 1. Quartal 2012 die Richtlinien für Unternehmenskredite angezogen zu haben. Hinsichtlich der Immobilienhypotheken gaben 33% der befragten Banken an, ihre Akzeptanzkriterien verschärft zu haben. Grund hierfür waren die schlechten Aussichten auf dem einheimischen Wohnungsmarkt.

Die Niederlande verfügen über leistungsfähige Institutionen und Rahmenbedingungen, die sich laut European Payment Index von Intrum Justitia seit 2009 stabil auf Index 153 (Deutschland Index 149) gehalten haben.

GTAI Online News, 17.07.12