Moskau (GTAI) – Auch in Zeiten von Sanktionen und Importbeschränkung stehen Waren „Made in Germany“ in Russland hoch im Kurs. Die Konsumenten vertrauen auf deutsche Qualität. Aber russische Unternehmen versuchen ebenfalls, den guten Ruf deutscher Waren für sich zu nutzen und gehen damit verstärkt auf Kundenfang.

Ob Maschinen, Autos oder Haushaltsgüter: Die Vorliebe für deutsche Markenprodukte ist in Russland ungebrochen. Schwarz-rot-goldene Fahnen und deutsch klingende Namen ziehen auch als Werbemittel. Dies liegt vor allem an der guten Erfahrung der Verbraucher mit deutschen Waren und den jahrzehntelangen Handelsbeziehungen.

Auch mit den Slogans „Katschestwo iz Germanii“ (Qualität aus Deutschland) oder „Nemezkie Technologii“ (Deutsche Technologien) wird gerne geworben, um die Qualität der Produkte oder Dienstleistungen zu unterstreichen. Skandale wie die Dieselaffäre können den guten Ruf des Labels „Made in Germany“ nicht erschüttern. Zwar berichteten russische Medien über die Ereignisse, eine breite Diskussion entwickelte sich jedoch nicht daraus.

Der deutsche Pumpenhersteller Feluwa wirbt bei seinen Kunden mit dem Slogan „Engineered and Made in Germany“. Der Generaldirektor der russischen Repräsentanz Thoralf Rassmann verspricht sich davon einen doppelten Werbeeffekt: „Mit dem Zusatz „Engineered in“ wollen wir unseren Kunden zeigen, dass das Produkt vollständig aus Deutschland kommt – von der Planung bis zur Produktion. Andererseits demonstrieren wir damit die Bereitschaft, auf Kundenwünsche individuell einzugehen. Bei Massenprodukten macht das wohl weniger Sinn, wohl aber bei unseren Pumpen, die auf unserem modularen System basierend kundenspezifisch angefertigt werden“, so Thoralf Rassmann.

Welche Begriffe werden in Russland mit dem Label „Made in Germany“ assoziiert?
1 Hohe Qualität
2 Ausgeprägter Servicegedanke
3 Liefertreue
4 Seriöses Geschäftsgebaren
5 Zuverlässigkeit

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Konsumenten möchten deutsche Qualität zu günstigen Preisen

Bei Konsumgütern zielt „Made in Germany“ vor allem auf die urbane Mittelschicht. Diese kennt deutsche Produkte nicht nur aus Regalen und Auslagen, sondern auch von Reisen nach Deutschland. Zwar gingen in den Krisenjahren Einkommen und Kaufkraft der russischen Haushalte zurück. Mittlerweile sind jedoch viele Verbraucher des jahrelangen krisenbedingten Konsumverzichts überdrüssig und kaufen wieder lieb gewonnene Produkte. Dabei bleibt der Preis das Kaufkriterium Nummer eins. Russische Konsumenten möchten hohe Qualität zu niedrigen Preisen. Für deutsche Unternehmen bedeutet dies, ihre Verkaufsargumente noch deutlicher zu kommunizieren.

Bei ihren Marketingaktivitäten sollten deutsche Anbieter in Russland unbedingt das Internet einbeziehen. Die internetaffinen Russen tauschen sich gerne in sozialen Netzwerken über Produkte aus. Dabei gilt: Überzeugt das Produkt und ist das Feedback positiv, steigen die Verkaufschancen. Daneben sollten deutsche Hersteller von Konsumgütern ihr Sortiment erweitern, um nicht nur Premiumkunden, sondern auch Konsumenten mit geringeren Einkünften anzusprechen.

„Made in Germany“ kann auch in Zeiten von Sanktionspolitik und Importsubstitution seinen Platz auf dem russischen Markt behaupten. Zwar gelangen seit 2014 keine Lebensmittel aus Deutschland mehr in russische Supermarktregale. Doch deutsche Unternehmen wie Hochland, Ehrmann oder Zentis produzieren vor Ort und liefern Marmelade oder Käse aus lokaler Herstellung. Einzelhändler wie Metro, Rewe oder Globus sind seit vielen Jahren erfolgreich auf dem russischen Markt tätig. Auf diesem Weg bleiben deutsche Marken unter erschwerten Wettbewerbsbedingungen weiterhin beim Kunden präsent – auch, wenn die Produkte selbst nicht mehr „Made in Germany“ sind.

Wie werden deutsche Produkte und Dienstleistungen in Russland wahrgenommen?
Deutsche Produkte und Dienstleistungen? Trifft vollkommen zu Trifft teilweise zu Trifft weniger zu Trifft nicht zu
haben eine überdurchschnittlich hohe Qualität. x
sind innovativ. x
sind vergleichsweise günstig. x
sind besonders vertrauenswürdig. x
repräsentieren einen hohen Status. x
sind bekannt/werden gut vermarktet. x
sind ein gutes Gesamtpaket im Vergleich zu anderen Produkten/Dienstleistungen. x
sind leicht beschaffbar. x
haben ein attraktives Design. x

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Illegale Verwendung des Labels „Made in Germany“ nimmt zu

Vom guten Ruf deutscher Produkte versuchen auch immer mehr Unternehmen ohne jegliche Verbindung nach Deutschland zu profitieren. Unter dem Deckmantel deutsch klingender Namen verpassen sich russische Unternehmen einen entsprechenden Anstrich mitsamt der dazu passenden Legende. Häufig verschleiern sie ihre russische Herkunft oder täuschen gar eine deutsche Abstammung vor. Dabei bedienen sie gezielt russische Stereotypen über die hohe Qualität der Produkte aus Deutschland. Haushaltsgeräte von Liberhaus, Käse der Marke Oltermann oder Schreibwaren von Erich Krause haben eines gemeinsam: Die Produkte stammen nicht aus Deutschland.

Die Erzeugnisse dieser sogenannten Werwolf-Brands können dabei positive wie auch negative Auswirkungen auf das Label „Made in Germany“ haben. Mit der Verwendung wird suggeriert, dass die Ware deutschen Qualitätsstandards entspricht. Tut sie das nicht, beschädigen diese Firmen das Vertrauen russischer Konsumenten in deutsche Produkte nachhaltig. Auf der Webseite http://www.truebrands.ru kennzeichnen Verbraucherschützer echte Produkte aus Deutschland mit einer deutschen Fahne, Fälschungen hingegen mit der russischen Trikolore.

Deutsche Unternehmen, die von der missbräuchlichen Verwendung des Labels „Made in Germany“ betroffen sind, sollten sich gegen unlautere Methoden zur Wehr setzen und Aufklärungsarbeit leisten. Dabei ist jedoch Augenmaß geboten, da auch viele deutsche Produkte nur zum Teil in Deutschland gefertigt sind oder Bauteile aus anderen Ländern enthalten.

Wie hilfreich ist das Label „Made in Germany“ in Russland?
Branche Bewertung *) Begründung
Maschinenbau 2 Es bestehen jahrzehntelange Lieferbeziehungen zum Teil noch aus DDR-Zeiten.
Umwelttechnik 2 Abfallrecycling ist seit 2017 Pflicht. Mit Deutschland bestehen jahrelange Lieferbeziehungen zur Verarbeitung von kommunalen und industriellen Abfällen.
Informations- und Kommunikationstechnik 1 Russische Firmen entwickeln gute Produkte. Die Nachfrage nach deutschen Lösungen beschränkt sich auf spezielle Bereiche.
Energietechnik 2 Jahrzehntelange Lieferbeziehungen mit Deutschland.
Gesundheitswesen 2 Mit deutschen Herstellern von Arzneimitteln und Medizintechnik gibt es jahrzehntelange Lieferbeziehungen.
Consulting (Architektur- und Ingenieurdienstleistungen) 2 Die Beteiligung deutscher Unternehmen beschränkt sich im Wesentlichen auf Großprojekte wie Stadien, Flughäfen oder exklusive Wohnvorhaben.
Kfz 3 Deutsche Marken haben einen ausgezeichneten Ruf. Der Dieselskandal wird in Russland so gut wie nicht wahrgenommen.
Möbel 2 Russland fördert die Produktion einheimischer Möbel. Deutsche Möbel gelten als qualitativ hochwertiger.
Nahrungsmittel 0 Durch die russischen Gegensanktionen ist der Import von Lebensmitteln aus Deutschland stark zurückgegangen. Deutsche Hersteller müssen lokal produzieren, um ihre Waren absetzen zu können.
Körperpflegemittel/Kosmetika 2 Körperpflegemittel und Biokosmetika aus Deutschland haben aufgrund ihrer hohen Qualität einen guten Ruf.
Gastronomie 3 Restaurants im traditionellen bayerischen Stil sind sehr beliebt.

*) 0 = kontraproduktiv, 1 = neutral (keine Wirkung), 2 = bedingt hilfreich, 3 = sehr hilfreich

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Deutschlands wichtigste Konkurrenten auf dem russischen Markt
Branche Wichtigste Konkurrenten Begründung/Erläuterung
Maschinenbau China, Italien, Tschechien Chinesische Firmen sind nicht an Sanktionen gebunden. Italienische Hersteller von Lebensmittelmaschinen und tschechische Anbieter von Werkzeugmaschinen haben lange historische Lieferbeziehungen.
Umwelttechnik China, Italien Einheimische Firmen sind stark bei Verarbeitung von kommunalen Abfällen. Chinesische Firmen drängen auf den Markt der Verarbeitung von Industrieabfällen.
Informations- und Kommunikationstechnik USA, Südkorea Software von US-Firmen wie Oracle oder Microsoft soll durch russische Software ersetzt werden, ist aber noch stark auf dem Markt vertreten.
Energietechnik USA, Frankreich, Finnland Die US-Firma General Electric sowie die französische Schneider Electric rüsten Kraftwerke aus. Die finnische Firma Fortum errichtet Windparks.
Gesundheitswesen Frankreich, USA, Schweiz Durch Importsubstitution schottet sich der Markt mehr und mehr ab. Unternehmen aus Frankreich, der Schweiz und den USA produzieren vor Ort.
Consulting (Architektur- und Ingenieurdienstleistungen) Türkei, Österreich Generalauftragnehmer wählen meist Dienstleister aus ihren Herkunftsländern. Auch russische Unternehmen sind stark vertreten.
Kfz Frankreich, Japan, Südkorea Konkurrenz vor allem im Mittelklassesegment durch Peugeot, Renault, Hyundai, Kia und Toyota mit lokalen Produktionen.
Möbel China, Italien, Schweden Konkurrenz durch chinesische Matratzen, Sofakissen und Betten sowie italienische Designermöbel. IKEA beherrscht das Billigsegment.
Nahrungsmittel Belarus, Türkei, Ägypten Nach dem Verbot der Einfuhr von Lebensmitteln aus Ländern der Europäischen Union übernehmen Belarus, die Türkei und Länder aus Afrika und Südamerika deren Marktanteil.
Körperpflegemittel/Kosmetik USA, Frankreich, Südkorea Bei Körperpflegemitteln ist die US-Firma Procter & Gamble stark vertreten. Bei Kosmetika französische und südkoreanische Unternehmen.
Gastronomie USA, Japan US-Fastfoodketten sind bei Jugendlichen sehr beliebt. Asiatische Restaurants sind auf dem Vormarsch, Anbieter heimischer Küche ebenso.

GTAI, 13.08.18