Sehr viele deutsche Unternehmer erleben Mexiko während ihrer ersten Geschäftsreisen als sehr westlich oder südeuropäisch geprägt. Kein Wunder – in den letzten Jahren haben sich so viele internationale Unternehmen in dem Land niedergelassen, dass die Unternehmens- und Arbeitskultur in Mexiko inzwischen schon sehr international geprägt ist. Und mexikanische Konzerne schauen ja eben auch über den Tellerrand hinaus. Dennoch funktionieren Land und Leute unter der Oberfläche aber anders. Das sollte man einfach wissen. Um manche Gespräche oder Partner besser einzuschätzen. Um langfristig erfolgreich in dem Land zu agieren.
Germany Trade and Invest (gtai) hat in seiner Serie „Verhandlungspraxis kompakt“ ein neues Merkblatt für Mexiko publiziert, dass die wichtige Aspekte der mexikanischen Geschäftspraxis zusammenfasst. Nämlich:
Verhandlungen brauchen Zeit
Deutsche Unternehmer warten mitunter lange – sehr lange – auf einen Geschäftsabschluss. Eigentlich glauben sie schon nicht mehr daran. Warum das so ist?
Der Mexikaner an sich ist erst einmal misstrauisch und zurückhaltend. Geschäfte werden grundsätzlich nicht auf die Schnelle abgeschlossen. Erst einmal muss das Vertrauen her. Vieles will er über den künftigen Partner und das Unterhemen wissen. Deutschland findet er gut: Das Bier, den Fußball und den Vocho (VW-Käfer). Er weiß auch, dass deutsche Personen recht fleißig sein sollen – und ein bisschen mehr Humor vertragen könnten. Hat er schon öfters mit Deutschen zu tun gehabt, weiß er besser Bescheid und wird das Gespräch über die Grenzen von Küche, Kultur und Fußball ausdehnen. Um das eigentliche Geschäft geht es dann vielleicht in den letzten 15 Minuten eines zweistündigen Treffens. Oder nächstes Mal, beim Lunch – da werden in Mexiko nämlich gerne geschäftliche Details besprochen.
Hierarchien – insbesondere im Mittelstan
Natürlich können deutsche Unternehmer auf sehr unterschiedliche Verhandlungspartner treffen: Mexikanische Wirtschaftsvertreter in großen heimischen Unternehmen oder Tochterfirmen ausländischer Konzerne, meist studiert – an angesehenen Privatuniversitäten des Landes oder im Ausland und wirklich versiert im Umgang mit anderen Kulturen. Oder auf „echte“ Unternehmer aus dem Mittelstand. Eigentümer von Familienunternehmen, deren Verhandlungsführung oftmals schwer einzuordnen ist: vordergründig offen, dennoch formell und intransparent. Wie auch immer – beide haben in der Regel das letzte Wort. Doch bis dieses gesprochen wird, kann noch viel Zeit ins Land gehen. In Mexiko herrschen starke hierarchische Strukturen. Erstgespräche finden meist auf unteren Managementebenen statt; Verantwortlichkeiten werden selten delegiert; Teamarbeit ist irgendwie nicht mexikanisch. Entscheidungsprozesse können sich also unheimlich ziehen.
Mexikanische Flexibilität und Landessprache
In Mexiko herrscht eine weit verbreitete Flexibilität im Umgang mit Terminen und Pünktlichkeit. Verspätungen sind gang und gebe – wegen des zähen Verkehrs und weil es eben irgendwie dazugehört – auch bei wichtigen Meetings. Heißt für den deutschen Unternehmer: keine vorschnellen Rückschlüsse auf das Interesse projizieren. Aber selbst pünktlich erschienen. Das wird irgendwie erwartet. Stereotyp halt.
Diese mexikanische Flexibilität bezieht sich aber auch auf das Gespräch selbst. Tagesordnungen müssen nicht sein. Ihre Ziele, die kennen die Mexikaner sowieso von Anfang an ganz genau. Oft gehen sie mit hohen preislichen Forderungen in das Gespräch, kommunizieren äußerst schnell, geschickt und clever – haben Spielraum, feilschen und beanspruchen dann letztendlich einen Sieg.
Erfolgreiche Verhandlungen in Mexiko zu führen, bedeutet Spanisch zu sprechen. Obwohl der Norden Mexikos in der Regel ein verhandlungssicheres Englisch spricht, kann man in den Metropolregionen von Mexiko-Stadt und Guadalajara, dem zentral gelegenen Bajío und dem Süden des Landes nicht damit rechnen.
Beim „Du“ ist man im Vergleich zu deutschen Gewohnheiten ausgesprochen schnell. Es entspricht auch mehr dem unverbindlichen US-amerikanischen Stil als der deutschen Vertraulichkeit. Dennoch: Wer „doctor“ oder „ingeniero“ ist, hört dies auch gerne.
Ein klares „nein“? – Fehlanzeige!
Mexikaner sind höflich. Sie sind vorsichtig und zurückhaltend. Und sie wissen viel über die Ehre. Brüske Absagen oder offensichtliches Desinteresse wird man in Mexiko kaum erleben. Auch dann nicht, wenn Geschäft oder Vorschlag dem Mexikaner nicht überzeugend erscheinen. Man tut gut daran tut, Mimik und Körpersprache des Gegenübers zu beachten, eventuell im Anschluss an Verhandlungsgespräche wichtige Inhalte schriftlich zu bestätigen – per Protokoll oder To-Do-Listen. Die deutsche Manier schnell zur Sache zu kommen, kann mit diesem Gebaren jedenfalls wirklich kollidieren.
Germany Trade and Invest (gtai): „Verhandlungspraxis kompakt – Mexiko“
Nach kurzer Registrierung kann das Merkblatt kostenlos auf den Internetseiten von gtai heruntergeladen werden.
IHK Hannover, 12.07.18
https://www.hannover.ihk.de/ihk-themen/international.html