Sinn für Geplänkel, ein Gespür für Zwischentöne und ganz viel Zeit – das braucht man bei Geschäften in Lateinamerika. Und „mañana“ kann in der Tat „in nächster Zeit“, „gar nicht“ oder „morgen“ bedeuten. Für den geschäftlichen Erfolg in diesem Teil der Welt ist Fingerspitzengefühl gefragt.

„Packen Sie Ihren besten Anzug ein und achten Sie auf geputzte Schuhe.“ raten Unternehmer. Komplimente seien wichtig. Ebenso wie Höflichkeitsfloskeln aller Art.

Business is absolutely personal
Geschäfte machen in Lateinamerika läuft in der Tat anders als in Deutschland. Während man im deutschsprachigen Raum gerne schnell zur Sache kommt, lässt man sich in Lateinamerika einfach etwas mehr Zeit. Weil es zunächst einmal darum geht eine persönliche Beziehung aufzubauen. Sympathie und Vertrauen ist oftmals weit wichtiger als die vermeintliche Fachkompetenz. Die bringt nämlich gar nichts, wenn die Basis nicht stimmt, findet der Lateinamerikaner.

Besprechungen
Smalltalk ist wichtig, besonders am Anfang einer Geschäftsbeziehung, um die Atmosphäre aufzulockern und Vertrauen zu schaffen. Die Themen: Fußball, Hobbies, Reisen und natürlich die Familie. Der Ort: ein zwangloses Mittag- oder Abendessen. Der Ruf, den Lateinamerikanern vorauseilt, immer mit Verspätung einzutreffen, kommt nicht von ungefähr. Er nimmt aber lieber eine Verspätung in Kauf und wechselt noch einmal sein Outfit, als mit verschwitztem Hemd und zerzaustem Haar zu einem Termin zu kommen. Auch das signalisiert Respekt. „Werten Sie eine Verspätung nicht als Desinteresse. Seien Sie selbst aber pünktlich“, empfehlen deutsche Unternehmer, die schon lange im Markt agieren.

Kommt es dann zur Präsentation der Produkte und Leistungen, ist story telling gefragt: Technische Daten sind gut. Persönliche Geschichten und Erfahrungen aber besser. Generell sind geschäftliche Besprechungen entspannter als in Deutschland. Nicht immer sind die Partner detailliert auf das Thema des Treffens vorbereitet; Tagesordnungen werden umgeschmissen, neue Termine mit weiteren Kollegen vereinbart. Pragmatismus und Improvisation sind ebenso gefragt wie Flexibilität.

Kommunikationsregeln
Dank, Lob und Komplimente sind wichtig – wozu auch immer. Gelegenheiten finden sich genug. Sicherlich ist ein höflicher Ton auch in Deutschland die Grundlage einer guten Geschäftsbeziehung. In Lateinamerika kann man jedoch guten Gewissens noch eine Spur höflicher auftreten. Das hilft. Gleichzeitig sollte man mit Kritik sehr vorsichtig umgehen. Sie wird eher als „Vorschlag“ irgendwo zwischen Kaffeeeinladung und Fußballgeplänkel verpackt. Ein „nein“ wird man selten hören; aber ein „vielleicht“, „ich denke schon“, „wieso nicht“ kann oft als „nein“ gemeint sein. Selbst ein in unbestimmtem Ton geäußertes „Ja“ heißt manchmal „nein“. Ebenso kann „mañana“ in der Tat „in nächster Zeit“, „gar nicht“ oder auch tatsächlich „morgen“ bedeuten. Verbindlichkeit einzufordern ist schwer in Lateinamerika – umso wichtiger ist es auf den Kontext zu achten.

Newsletter der IHK Hannover, 01.08.19