In den USA kommt das Gespräch über den Erfolg gleich nach dem Wetter oder den neusten Branchentrends. In Deutschland irgendwann nach Unternehmenshistorie, technischen Details und immer in Verbindung mit Szenario B.

Das Geschäft mit den USA war in den letzten zwei Jahren von einigen Veränderungen geprägt: Statt Donald Trump sitzt nun Joe Biden im Weißen Haus. Es gibt eine neue wirtschaftspolitische Agenda. Einiges ist neu, anderes altbekannt in einem neuen Gewand. Der Kampf gegen den Rassismus, Sorgen um das Corona-Virus, die Gesundheitspolitik, Klima und Umwelt haben Amerikanerinnen und Amerikaner 2020 und 2021 auf die Straße gehen lassen.

Völlig andere Handelspartnerinnen und -partner, Kundeninnen und Kunden oder Kolleginnen und Kollegen sind sie damit natürlich nicht geworden. „Anders“ waren sie im Vergleich zu deutschen Geschäftsleuten nämlich eigentlich schon immer. Dies ist im Business in diesen letzten zwei Jahren allerdings offensichtlicher geworden. Viel öfter als zuvor musste über Telefon, E-Mail oder Video-Konferenzen vermarktet, besprochen und verhandelt werden.

Das Marketing für den US-Markt, Webseite, Flyer & Co., war wichtiger als zuvor – Live-Demonstrationen auf Messen oder gegenseitige Unternehmensbesuche fielen ja pandemiebedingt weitgehend aus. Wie oft fragte man sich: nachhaltiges Interesse oder amerikanische Höflichkeit? Wie oft überlegte man, ob die Person am anderen Ende der Leitung das Problem wirklich nicht verstand, weil sie eine solche Lockerheit an den Tag legte.

Zwischen Deutschland und den USA gibt es erhebliche kulturelle Unterschiede. Oft sind sie nicht offensichtlich, machen aber den entscheidenden Unterschied zwischen Messegespräch oder Messekontakt, Annahme oder Absage, kurzen oder treuen Beziehungen zu Mitarbeitenden und PartnerInnen.
„Time is Money“ ist ein Aphorismus, der definitiv in der US-Geschäftskultur verankert ist. Aber nicht zu Lasten des Small Talks.

Ein freundlicher Austausch über angesagte Urlaubsziele, neue Gesellschaftstrends oder Newcomer in der Branche wird einen Geschäftsabschluss wahrscheinlicher machen als ein Verweis auf die Unternehmensgeschichte oder die detaillierten Skizzen technischer Features. Die ganzen Details braucht es im Allgemeinen nicht um in den USA zu überzeugen.

Ein Plan B oder Szenario C müssen auch echt nicht sein. Was in den USA zählt ist der Revenue und der konkrete Nutzen für die Zielgruppe. Gleichzeitig geht es viel mehr als in Deutschland um die richtige Story zum Produkt. Ein bisschen Phatos kommt gut an. Visionen sind wichtig.

Probleme im Projekt? Gibt es in den USA eigentlich nicht. „Issues“ schon eher. Manchmal vielleicht auch „concerns“. Aber auch längst nicht so viele wie sie deutsche Geschäftsleute so oft sehen. In den USA denkt man stets „positive“, verpackt jegliches Negative in ein buntes Bonbonpapier. Für die Kommunikation im Geschäft ist dieser Gedanke mehr als wichtig. Zwar sind US-AmerikanerInnen im weltweiten Vergleich für ihren direkten Kommunikationsstil bekannt, bei der Äußerung von Kritik und dem Zuweisen von Aufgaben sind sie jedoch um ein Vielfaches zurückhaltender.

Auch hier ist Neutralität gefragt. Eine direkte Ansprache mit „you“ kommt nicht gut. Besser: neutrale Formulierungen „it seems that“, „unfortunately“. Und wenn doch eine Spannung im Raum fühlbar ist? Harmonie schaffen. Mit Sätzen wie „We will find a solution for this“; „Should we talk about this issue in our next call?“
Der Weg zum Erfolg: Scheitern! In den USA ist das Scheitern überhaupt kein Tabu. Hierzulande allerdings irgendwie schon noch. Gewiss der Gedanke ändert sich mittlerweile. Im Hinterkopf werden die Misserfolge aber oft eben doch noch gezählt. Was auch dazu führt, dass Risiken längst nicht so schnell eingegangen werden, wie dies in den USA der Fall ist.

Für erfolgreiche Geschäfte in den USA sollten Unternehmen allerdings ein bisschen risikoaffiner sein, es auch mal drauf ankommen lassen. Ansonsten könnte der Weg auf den Markt ein sehr langer sein. Flexibilität ist in den USA ein Asset, das deutsche Unternehmen benötigen werden. Virtuelle Termine während der Fahrt zur Arbeit sind völlig okay. E-Mails werden oft auch im Urlaub beantwortet. Familien- und Arbeitsleben werden sowieso viel stärker vermischt als in Deutschland. Deshalb sind Terminvorschläge außerhalb der Bürostunden auch keine Seltenheit. Der Kunde ist in den USA König. Und der Service das A & O.

Newsletter der IHK Hannover, 05.01.22