Von sehr großer Relevanz für den wirtschaftlichen Erfolg ist der Aufbau der richtigen "Guanxi", das heißt eines Beziehungsgeflechts zu einflussreichen Personen aus allen Lebensbereichen. Treffen sich zum Beispiel zwei Chinesen das erste Mal, werden sie deshalb bei der Unterhaltung zunächst herauszufinden suchen, ob sie gemeinsame Bekannte haben.

Erhalten hat sich auch der mehrschichtige Begriff "Gesicht". Im gesellschaftlichen Leben steigt und fällt das "Gesicht" einer Person mit ihrem Reichtum oder auch mit der Position, die sie in einem Unternehmen oder einer Organisation einnimmt. Beim persönlichen Umgang ist es wichtig, das Gesicht des Gegenübers zu wahren (mit anderen Worten: ihn nicht bloß zu stellen). Es schädigt ferner das eigene "Gesicht", sich auf Kosten Dritter lustig zu machen.
Grundsätzlich werden keine starken Gefühle gezeigt

Es ist eine alte asiatische Tradition, keine starken Gefühle zu zeigen. Die Gestik und Mimik von Gesprächspartnern ist oft stark eingeschränkt. Enger Körperkontakt wie das Umarmen beim Begrüßen und Verabschieden ist in China unerwünscht. Es ist unüblich, in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten auszutauschen. Es handelt sich dabei aber nicht um einen ernsthaften Tabubruch.

Der Verabschiedungs- ist im Vergleich zum Begrüßungsprozess meist sehr schnell und wenig formell. Die Visitenkarte spielt bei geschäftlichen Kontakten eine herausragende Rolle. Man spricht sein Gegenüber mit Herr, Frau oder Fräulein an. Der "Dr." oder "Prof." wird in der Regel weggelassen.

Bei offiziellen Geschäftsterminen wir der Gesprächspartner aber mit seinem Berufstitel. So zum Beispiel "stellvertretender Bürgermeister Wang". Es ist nicht unhöflich, wenn bei Gesprächen längere Pausen entstehen. Ebenfalls ist es nicht unüblich, wenn der Gesprächspartner dieselbe Frage mehrmals stellt.

Generell arbeiten in der VR China vergleichsweise viele Frauen in leitenden Positionen. Anhand des chinesischen Vornamens lässt sich nicht immer eindeutig das Geschlecht der Person feststellen. Mann und Frau führen in der VR China nicht den gleichen Familiennamen. Daher lässt sich oft nicht auf den ersten Blick erkennen, ob Frau Wang mit Herrn Li verheiratet ist.

Sich für ein Geschenk zu bedanken, ist unfein

Bei Geschenken erhöht eine aufwendige Verpackung (Geschenkpapier, möglichst in rot und goldenen Farben mit einer großen Schleife) dessen Wert. Geschenke in Gegenwart des Gebers auszupacken, ist unüblich (und gilt als "gierig"). Sich für ein Geschenk zu bedanken ist unfein. Dies setzt den Geber unter Druck, noch mehr zu kaufen.

Als Präsent empfehlen sich Produkte international bekannter ausländischer Marken, zum Beispiel französisches Parfum, ein italienischer Edelschal oder eine Tasche für die Dame beziehungsweise Alkoholika, Zigaretten, ein Füller für den Herrn.

Feiertage haben mit Ausnahme des chinesischen Neujahrsfests einen vergleichsweise geringen Stellenwert. Weiß ist in China die Farbe der Trauer und deshalb für Geschenke, Verpackungen und Blumenbuketts nicht geeignet. Gelb war traditionell dem Kaiser vorbehalten.

Fachmessen als Kontaktbörse

Zur Kontaktaufnahme mit potenziellen Geschäftspartnern eignet sich einmal der Besuch einer branchenspezifischen Messe. Ein vergleichsweise preisgünstiger Weg kann die Beteiligung an einem über den Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (AUMA) geförderten Messestand sein. Aus Unternehmersicht sind auch die unregelmäßig stattfindenden Delegationsreisen von Politikern interessant, an denen meist auch Firmenvertreter teilnehmen.

Es gibt eine Reihe von Partnerschaften zwischen einzelnen Bundesländern und chinesischen Provinzen, die mehr oder weniger aktiv betrieben werden.

Chinesische Delegationen kommen gerne zu spät. Für den deutschen Unternehmer selbst empfiehlt es sich, Termine genau einzuhalten. Pünktlichkeit zählt zu den Tugenden, die man in der VR China an den Deutschen schätzt. Bei der ersten Begegnung kommt dem Austausch der Visitenkarten höchste Bedeutung zu. Sie werden mit beiden Händen überreicht. In der VR China steht der Familienname vor dem Vornamen.

Immer mehr Chinesen benutzen aber einen englischen Vornamen, den sie auch vor den Familiennamen stellen. Die Anrede beim Vornamen ist in der VR China im Geschäftsleben nicht üblich. Korrekt sind Herr, Frau und Fräulein.

Es empfiehlt sich, bei dem ersten Zusammentreffen nicht direkt das eigentliche Thema anzusprechen, sondern zunächst mit einigen allgemeinen Bemerkungen etwas für die Gesprächsatmosphäre und das gegenseitige persönliche Kennenlernen zu tun. In der VR China ist man sehr stolz auf die lange Geschichte des Landes und dessen Kultur, auf das, was seit der wirtschaftlichen Öffnung erreicht wurde. Ein Kompliment in diese Richtung wird immer gerne gehört.

Jedes Delegationsmitglied zunächst mit gleicher Aufmerksamkeit bedenken

Offizielle Verhandlungsrunden beginnen mit der Begrüßung und immer öfter mit einem gegenseitigen Händeschütteln. Die Position beziehungsweise der Einfluss der verschiedenen Verhandlungsteilnehmer ist nicht immer ganz klar, deshalb sollte jedes Delegationsmitglied mit gleicher Aufmerksamkeit bedacht werden. Bei Geschäftsbesprechungen nehmen die jeweiligen Verhandlungsführer einander gegenüber in der Mitte der Längsseiten des Tisches Platz. Rechts und links folgen die jeweils im Rang abnehmenden Personen.

Bei Fragen zur Sitzordnung kann gegebenenfalls der Dolmetscher um Rat gefragt werden. Chinesische Verhandlungsdelegationen sind oft sehr groß. Deshalb ist es angebracht, dass auch die ausländische Seite zahlenmäßig mithalten kann.

In den letzten Jahren haben sich die Englischkenntnisse der Chinesen in Städten wie Shanghai und Beijing spürbar verbessert. In der Regel gibt es in jeder größeren Firma einen Mitarbeiter, mit dem man sich auf Englisch verständigen kann. Bei Detailverhandlungen sollte jedoch einen Dolmetscher hinzugezogen werden. Ein großes Übersetzungsproblem stellen die Zahlen dar. Denn ab 10.000 gilt im Chinesischen nicht mehr das westliche Dezimalsystem.

Selbst versierte Dolmetscher geraten dabei ins Trudeln. Es ist daher sehr hilfreich, eine Tafel zur Hand zu haben, auf der die Zahlen aufgeschrieben und umgerechnet werden können. Auch sonst sind visuelle Hilfsmittel wie Schemata, Skizzen etc. sehr nützlich.

Verhandlungen laufen häufig nach einem ähnlichen Muster ab: Geführt werden sie im Regelfall vom jeweils Ranghöchsten als Sprecher. Man sollte die chinesische Seite beim Vortragen nicht unterbrechen, sondern sie zuerst alles vortragen lassen, um dann im Anschluss Einzelfragen zu erörtern.

Wenn spezielle Punkte trotz mehrmaligem Nachfragen von der chinesischen Seite nur ausweichend oder gar nicht beantwortet werden, lohnt es sich nicht, weiter auf die Klärung dieser Frage zu drängen. Man sollte darum bitten, dies nachträglich zu klären, oder es später im Gespräch mit einem Ranghöheren erneut aufgreifen.

Chinesen sind sehr harte Verhandlungspartner, die sich normalerweise ausgezeichnet vorbereiten und bei Sitzungen regelmäßig Protokoll führen. Zeit spielt für sie keine große Rolle. Verhandlungen können sich über Tage hinziehen und auch mal für einen gewissen Zeitraum unterbrochen werden. Diese Zermürbungstaktik hat schon manch einen versierten westlichen Manager zum überstürzten Handeln getrieben.

Für die Verhandlungen gibt es eine Art Spezialcode: "Dies ist sehr schwierig" ist gleichbedeutend mit einem "Nein". Die Kenntnis der verschiedenen Formen des "Ja" (was Dolmetscher oft nicht eindeutig übersetzen) ist ebenfalls höchst bedeutsam. Ein "Hao" (ja, gut) oder "Keyi" (ja, möglicherweise) bedeuten zunächst nur, dass die chinesische Seite die Äußerungen der deutschen zur Kenntnis genommen hat.

Mit wirklicher Zustimmung ("tongyi") haben diese Begriffe nichts zu tun. Hellhörig sollte man werden, wenn es von chinesischer Seite heißt: "Mei you wenti" – Kein Problem! Denn in der Regel fangen dann die Schwierigkeiten erst an!

Generell ist bei Vertragsverhandlungen zu beachten, dass das chinesische Rechtsverständnis nicht mit dem europäischen zu vergleichen ist. Während in Europa einem Vertragstext zunächst eher etwas "Gutes", "Ordnendes" anhaftet, an das sich die Parteien zum gegenseitigen Nutzen halten, bewerten viele Chinesen ein Regelwerk als erstes an seiner Flexibilität, das heißt sie suchen Möglichkeiten, die Vereinbarungen zu umgehen.

Ein wie exakt auch immer formulierter Vertragstext bietet deshalb noch längst keine Gewähr dafür, dass es in der Folge nicht zu unterschiedlichen Interpretationen mit daraus erwachsenden Schwierigkeiten kommt. Während also für einen deutschen Verhandlungspartner die Unterschrift unter dem Vertrag einen Schlusspunkt bedeutet, fängt aus chinesischer Sicht das gegenseitige Abtasten erst an.

GTAI, 02.04.12