Ganze Industrien haben angesichts zu teurer Kredite ihre Investitionspläne auf Eis gelegt. Der Leitzins ist zwar stufenweise von 17 Prozent zurückgeführt worden. Dennoch bleiben die Kosten für Fremdkapital zu hoch.

Direktinvestitionen, Kreditgarantien, Zuschüsse und Zinssubventionen des Staates stehen fast nur noch prioritären Wirtschaftsbereichen zur Verfügung, allen voran der Verteidigungsindustrie, Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft sowie ausgesuchten Infrastrukturvorhaben. Dazu gehören der Schienenausbau im Fernen Osten und in Südrussland (Umgehung der Ukraine, Anbindung an Häfen), die verkehrstechnische Erschließung der Krim und die bautechnische Vorbereitung der Fußball-WM 2018.

Die sanktionsbedingte Neuausrichtung des Außenhandels auf Partnerländer in Asien verläuft schwieriger als ursprünglich angenommen. Die in Moskau offensichtlich voreilig gehegten Hoffnungen, asiatische (insbesondere chinesische) Finanzmärkte zur Refinanzierung russischer Banken und Unternehmen nutzen zu können, haben sich teilweise zerschlagen. So können chinesische Banken in anderen Weltteilen, unter anderem in Afrika, höhere Renditen als in Russland erwirtschaften.

Einzige Ausnahme bilden Gas- und Ölprojekte, darunter auf der Halbinsel Jamal in Nordrussland, wo Novatek und Total gemeinsam Erdgas fördern und als LNG exportieren werden. An diesem Projekt hat sich die chinesische CNPC inzwischen zu 20% beteiligt.

Auch die Preisverhandlungen mit der Türkei zum Bau der Erdgasleitung "Turkish Stream", die durch das Schwarze Meer nach Anatolien und weiter nach Europa verlaufen soll, erweisen sich für Gazprom als äußerst schwierig. Mit privaten türkischen Gasimporteuren konnte Gazprom Anfang Mai 2015 zwar Rabattvereinbarungen erzielen, nicht jedoch mit dem türkischen Staatsunternehmen Botas. Dieses besteht auf erheblichen Preiszugeständnissen.

IHK Hannover, 16.06.15
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