Allerdings wird die Konjunkturdelle zum Jahreswechsel in der Statistik des Jahres 2012 deutliche Spuren hinterlassen. Im Mittel liegen die Prognosen für das BIP-Wachstum bei moderaten 0,8%. Die Ausfuhr nahm trotz Frankenaufwertung zu.

Der stark aufgewertete Franken und die konjunkturelle Abkühlung in der EU bilden 2012 einen ungünstigen Rahmen für die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz. Das Bruttoinlandsprodukt wird daher nur um real 0,8% expandieren, 2013 dann aber mehr als doppelt so stark. Vorzeigebranche der gesamten Industrie sind derzeit die Uhrenhersteller.

Die Einfuhr soll dagegen 2012 um über 3% höher ausfallen als 2011 und 2013 um weitere 4% zulegen. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland vor Italien.

Die Schweizer Volkswirtschaft durchlebte in den letzten Monaten des Jahres 2011 eine Wachstumsschwäche, konnte jedoch Rezessionstendenzen abwehren. Lediglich 0,1% expandierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 4. Quartal im Vergleich zum Vorquartal. Als Retter der Konjunktur präsentierten sich vor allem die Investitionen, sowohl in Bauvorhaben (+1,9% zum Vorquartal) als in Ausrüstungen (+2,9%).

Trotz sehr schwacher Konjunktur bei einer Reihe wichtiger Handelspartner (wie Deutschland, Japan, Italien) alimentierten auch die Exporte die Wirtschaft – vor allem die Produktgruppen Pharma und Uhren.

Für 2013 deutlich stärkere Expansion der Wirtschaftsleistung erwartet

Im Frühjahr 2012 mehren sich die Signale einer allmählichen Beruhigung der Konjunkturängste mit deutlichen Aufwärtstendenzen für das 2. Halbjahr. Allerdings wird die Konjunkturdelle zum Jahreswechsel in der Statistik des Jahres 2012 deutliche Spuren hinterlassen. Im Mittel liegen die Prognosen für das BIP-Wachstum bei moderaten 0,8%, was angesichts eines erwarteten Nullwachstums in der EU dann doch wieder ganz manierlich ausschaut.

Für 2013 erwarten alle Prognostiker eine deutlich stärkere Expansion der Wirtschaftsleistung, getragen von Investitionen und Exporten.

Wenig Trost bereitet den meisten Unternehmen und Konjunkturbeobachtern, dass die Schweizer Nationalbank Anfang September gegenüber dem Euro de facto einen festen Wechselkurs (Mindestkurs) von 1,20 sfr/Euro eingeführt hat, um den Höhenflug des Franken an den Devisenmärkten zu stoppen.

Die Kursberuhigung ist ein positives Stimmungssignal, allerdings ist die Schweizer Währung auf dem jetzigen Kursstand gegenüber den internationalen Handelswährungen immer noch sehr hoch bewertet. Betroffen von der Wechselkursproblematik sind insbesondere die großen Industriebranchen, die stark exportorientiert agieren, sowie der Tourismus.

Weit entfernt von einer Schuldenkrise sind die Staatsfinanzen. Während im Euroraum die staatlichen Schuldenquoten steigen, fallen sie in der Schweiz seit 2005 kontinuierlich. Für 2011 weist die Eidgenössische Finanzverwaltung erneut einen Überschuss der öffentlichen Hand aus, sowohl für den Bund als auch für Kantone, Gemeinden und die Sozialversicherung. 2011 betrug die Schuldenquote 36,7% des BIP und soll nach offiziellen Schätzungen bis 2015 auf 34,4% sinken. Der Fiskus ist damit in der Lage, alle geplanten Infrastrukturprojekte und sonstige Investitionen problemlos zu finanzieren.

Anhaltend freundliches Investitionsklima

Das Investitionsklima ist 2011 freundlich geblieben. Bauinvestitionen sind um real 2,1%, Ausrüstungsinvestitionen um 5,0% gestiegen. Nach Schätzungen der KOF werden die Ausrüstungsinvestitionen in diesem Jahr um 3,6% zulegen und sich 2013 auf +5,1% dynamisieren. Derzeit sind die meisten Unternehmen – nicht zuletzt wegen der Wechselkursentwicklung – einem hohen Rationalisierungsdruck ausgesetzt.

Durch die gute Exportkonjunktur der Jahre 2010 und 2011 haben zudem viele Betriebe ihre Kapazitätsgrenzen erreicht und sehen sich zu vorsichtigen Erweiterungsinvestitionen ermutigt.

Andererseits führen der hohe Frankenkurs und die nachlassenden internationale Konjunktur seit der Jahresmitte 2011 zur Rückstellung vieler Investitionsprojekte wegen ungewisser Zukunftsaussichten. Das Wirtschaftsministerium (SECO) gibt sich daher eher pessimistisch und erwartet für 2012 einen Rückgang von 2,0%, für 2013 magere +1,5%.

Erfreulich ist die Lage bei den Bauinvestitionen. Sie sind selbst im Krisenjahr 2009 real gewachsen und haben beträchtlich von den Konjunkturpaketen profitiert. Voraussichtlich werden sie 2012 um 1,5 bis 2,5% zulegen und 2013 weiter mit rund 1% expandieren. Impulse kommen hauptsächlich aus dem Wohnungsbau und von laufenden Infrastrukturgroßprojekten.

Konsum wirkt weiter stabilisierend

Der private Konsum hat sich in der jüngeren Vergangenheit als äußerst konjunkturstabilisierend erwiesen. Er expandierte 2010 um 1,7% und 2011 um 1,3%. Für 2012 rechnen Konjunkturforscher mit +1,2 bis +1,7%, während 2013 der Konsum voraussichtlich um 1,7% zulegen könnte.

Stimulierend wirkt einmal die sinkende Arbeitslosigkeit. Lag sie Anfang 2010 noch bei 4,5%, ist sie bis zum März 2012 auf 3,2% gefallen nach einem leichten Anstieg im Winter bis auf 3,4% im Januar. Allerdings rechnet die Bundesregierung für 2012 und 2013 mit einer leicht zunehmenden Arbeitslosenquote. Zweitens sind die verfügbaren Einkommen während der Rezession stärker gestiegen als die Konsumausgaben. Somit bleibt für die Zukunft ein großer Ausgabenspielraum.

Drittens verhilft die nach wie vor durch Geburten und Migration zunehmende Bevölkerung (rund +1,0% pro Jahr) den Konsumausgaben zu einem nachhaltigen Wachstum. Viertens schließlich profitiert die Bevölkerung durch die Aufwertung des Franken von fallenden Preisen importierter Konsumprodukte (zum Beispiel Pkw).

Ausfuhr wächst trotz Frankenaufwertung

Nach üppigen Zuwächsen im Im- und Export 2010 verpuffte diese Dynamik im Verlauf des Jahres 2011 zusehends. Dies betraf vor allem die Importseite. Während das 1. Quartal 2011 noch um real 7,5% über dem Vorjahresquartal gelegen hatte, erreichte das 4. Quartal nur noch -2,8%. Insgesamt verbuchten die Statistiker für 2011 immerhin noch ein Plus von 1,9%; für 2012 erwarten die meisten Prognosen ein reales Plus von über 3%.

Der befürchtete Einbruch bei den Exporten aufgrund des starken Franken ist bislang ausgeblieben. Der Ausfuhrwert lag real deutlich über dem Vorjahresergebnis, wofür in erster Linie die Uhrenhersteller und die Pharmazie verantwortlich waren. Allerdings nahmen viele Exporteure Preisreduzierungen vor, um ihre Kunden zu behalten. Daher lag der nominale Ausfuhrwert um lediglich 2% über dem Vorjahresbetrag.

Deutschland bleibt mit Abstand wichtigster Handelspartner

Während die Gesamteinfuhr der Schweiz 2011 um nominal 0,1% zurückging, konnten deutsche Unternehmen ihre Lieferungen um 2,0% steigern. Damit erreichte Deutschland einen Anteil an den Importen von 34% und verteidigte seinen deutlichen Spitzenplatz vor Italien, Frankreich, den Niederlanden und Österreich. Erst auf Rang sechs folgt mit den USA ein Nicht-EU-Land, die VR China lag auf Rang sieben.

Zum Jahresende hat sich die Industriekonjunktur deutlich abgekühlt, was angesichts der anhaltenden Frankenstärke und einer sehr verhaltenen bis rezessiven Wirtschaftsentwicklung in der EU nicht verwunderte. Unternehmerumfragen von Februar und März lassen allerdings für den Jahresverlauf eine moderate Erholung in den meisten Branchen erwarten. Das Hotel- und Gaststättengewerbe musste in den vergangenen Monaten ebenfalls deutliche Umsatzrückgänge hinnehmen, ebenso der Einzelhandel.

Getragen wird die Industriekonjunktur 2012 von der Uhrenindustrie, Teilbereichen der Bauwirtschaft und von den binnenwirtschaftlich ausgerichteten Dienstleistungsbranchen. Branchen mit der größten Bruttowertschöpfung waren 2010 die Bauwirtschaft mit 30 Mrd. sfr vor dem Maschinenbau mit 15 Mrd. sfr und Elektrotechnik/Elektronik mit 14 Mrd. sfr.

Starker Franken gibt Maschinenimporten einen Preisbonus

Ihre Rolle als Motor der Konjunktur haben die Ausrüstungsinvestitionen im 2. Halbjahr 2011 verloren. Prognosen für 2012 sind mit großer Unsicherheit behaftet und reichen von -2,0 bis +3,6%. Der starke Franken gilt für inländische Hersteller als Belastung, wirkt allerdings für Maschinenimporte wie ein Preisbonus. Unter den Abnehmerbranchen weisen vor allem die Branchen Uhren und Bauwirtschaft eine freundliche Entwicklung auf, daneben ferner Metallverarbeitung und Kfz-Zulieferungen.

Trotz der Wechselkursvorteile sind die Aussichten für Maschineneinfuhren verhalten. Sie stiegen 2011 real um lediglich 3%, überdurchschnittlich expandierte der Einfuhrwert von Metallbearbeitungsmaschinen. Für 2012 ist ein nur minimaler Importanstieg zu erwarten.

Gedämpfte Stimmung in der Chemiebranche

Die chemische und pharmazeutische Industrie sieht sich aufgrund des ungünstigen Wechselkursumfeldes, volatiler Rohstoffpreise und schwacher Nachfrageentwicklung großen Herausforderungen ausgesetzt. 2011 gelang ihr das gut. Die größte Exportindustrie der Schweiz konnte ihre Branchenausfuhr real um 8% steigern (allerdings nur durch Preiszugeständnisse, daher nominal -2%). Die Stimmung in der Branche ist allerdings schlecht. Laut einer Umfrage der UBS erwarten die meisten Betriebe im 1. Quartal 2012 einen Produktionsrückgang.

Die bedeutenden Unternehmen des Sektors erzielen etwa 90% ihrer Umsätze im Ausland. Gleichzeitig muss der Zweig fast alle Ausgangsstoffe importieren, sodass der hohe Franken der Branche Licht und Schatten beschert. Traditionell stammt etwa ein Viertel aller Brancheneinfuhren aus Deutschland.

Bauwirtschaft für 2012 verhalten optimistisch

Nach Einschätzung des Instituts BakBasel wird das Baugewerbe 2012 stärker expandieren als 2011. Der Bau kann dank der robusten Binnenkonjunktur und den äußerst günstigen Finanzierungsbedingungen seine Wertschöpfung um voraussichtlich 2% steigern. Die Umsätze im Bauhauptgewerbe stiegen 2011 im Vergleich zum Vorjahr um real 5%. Sie beliefen sich auf knapp 20 Mrd. sfr (16 Mrd. Euro).

Für diese Zunahme war vor allem der Tiefbau (+9,5%) verantwortlich. Aber auch der Hochbau konnte zulegen (+1,2%). Die positive Entwicklung im Hochbau ist vor allem dem dynamischen Wohnungsbau zu verdanken, während der Tiefbau von den großen Infrastrukturprojekten profitiert. Die Zahl der Auftragseingänge zum Jahresende 2011 und in den ersten Monaten 2012 stimmt die Branche für 2012 verhalten optimistisch.

GTAI, 07.05.12