Der Schritt auf den US-Markt: von einigen unterschätzt, von anderen überbewertet – aber für viele deutsche Unternehmen ein Thema. Experten berichten, warum dies so ist und wo im Geschäftsalltag einmal genauer hingeschaut werden sollte.

Die USA sind aufgrund ihres hohen Absatzpotenzials für viele deutsche Unternehmen attraktiv. Die meisten wittern dort eine Chance. „Der Markteintritt wird jedoch oft unterschätzt“, berichtet Rechtsanwalt Hans-Michael Kraus, Smith, Gambrell & Russell, LLP aus Atlanta, der schon viele deutsche Unternehmen auf den US-Markt begleitet hat.

Es braucht ein besonderes Engagement, Zeit und natürlich auch Kapital um ein Geschäft in den USA nachhaltig aufzubauen. „Drei, häufig fünf Jahre. Oder auch mehr. Damit muss man rechnen“ meint Kraus. „Amerika ist anders – hier gibt es andere Gesetze, Verordnungen, aber natürlich auch andere kulturelle Gewohnheiten.“

„Aber nicht nur zu Deutschland.“ ergänzt Maik Friebe, Partner von Rödl & Partner, Atlanta. „Auch zwischen den amerikanischen Bundesstaaten gibt es erhebliche Unterschiede. Beim Thema Steuern kocht wirklich fast jeder Staat sein eigenes Süppchen. So beträgt die Körperschaftsteuer in North Carolina beispielsweise 2,5 Prozent, während sie in Iowa 12,5 Prozent beträgt. In Texas gibt es sie hingegen überhaupt nicht, dafür aber eine Steuer auf das Rohergebnis.“ Diese regionalen Unterschiede gestalten sich bei der „sales und use tax“ übrigens nicht viel anders.“

Viele deutsche Unternehmen gehen die ersten Schritte auf dem US Markt mit der Unterstützung von Sales Represenatives oder Sales Agents. Ein nettes Gespräch auf der Fachmesse, ein begeisterter Amerikaner, der die Branche kennt, Kontakte hat und reden kann – der Deal steht. So läuft es oft. Einfach. Oder?

Kraus warnt vor einer schnellen Partnerwahl: „Allzu häufig werden amerikanische Partner ohne weitere Prüfung mit dem Vertrieb oder sogar mit exklusiven Vertriebsrechten betraut. Eine Vertriebspartnersuche in USA bewältigt man aber nicht nebenbei. Die Verträge sollten hinsichtlich der Rechte und Pflichten detailliert besprochen werden.“

Und nicht selten entscheiden sich Unternehmen nach einer gewissen Zeit zum Aufbau einer eigenen Niederlassung vor Ort. Für Kraus ein logischer Schritt. „Natürlich ist die Investitionsschwelle höher – aber es lohnt sich in aller Regel.“ In welcher Rechtsform? „Aus steuerlicher Sicht ist eine US Limited Partnership gar nicht schlecht“, meint Friebe. Allerdings kann eine Rechtsformwahl immer nur in Abhängigkeit von der ausgehenden Gesellschaftsstruktur in Deutschland betrachtet werden.“

Was noch?

„Das Thema Betriebsstätte.“, meint Friebe. Die kann recht schnell mal gegründet sein – unbeabsichtigt, quasi en passant durch einen unselbstständigen Vertreter in den USA, ein Warenlager oder vielleicht auch nur durch den regelmäßigen Verkauf von Produkten auf Messen. Die Folgen: Ertragssteuerpflicht für das deutsche Unternehmen in den USA und oft auch Steuerpflicht für den Mitarbeiter. „Eine böse und teure Überraschung. Auch oft erst Jahre später erkannt.“

„Unerfreuliche Überraschungen – die erleben deutsche Maschinen- und Anlagenbauer übrigens des Öfteren in den USA. Weil sie Bestimmungen des US-Visarechts oder gewerbliche Zulassungsvorschriften des Bundesstaates übersehen haben.“ ergänzt Kraus. „Fehler können hier zu ganz empfindlich hohen Strafen, Baustopps und sogar zum Verlust des Vergütungsanspruchs führen.“

Recht lax erscheint Kraus oft auch der Umgang mit Verträgen. Amerikanische Verträge unterscheiden sich oft von deutschen Verträgen, nicht zuletzt deswegen, weil Marktumfeld und Risiken auch andere sind als in Deutschland. Besonders deutlich wird dies im Arbeitsrecht, wo die Gefahren für einen Unternehmer in gänzlich anderen Bereichen liegen als im deutschen Arbeitsrecht.“ Sein Tipp: „Lesen Sie das Kleingedruckte und handeln Sie Verträge aus.“

Und die Sache mit der Produkthaftung?

Überbewertet: Ob Katze in Mikrowelle oder Verbrühungen am Kaffee von McDonalds – nicht zuletzt wegen spektakulären Schadensersatzklagen haben deutsche Unternehmen oft den Eindruck, dass das Risiko in ein Produkthaftungsverfahren in den USA verwickelt zu werden, recht hoch ist. Zu Recht? „Deutsche Unternehmer sollten dafür sensibilisiert sein, dass Produkte, die in den USA veräußert werden, auch dem US-amerikanischen Produkthaftungsrecht unterliegen. Insbesondere im B-2-B-Bereich sind die Risiken allerdings oft weit weniger dramatisch als von dem ein oder anderen befürchtet“. äußert sich Kraus.

Fazit: Es läuft schon anders in den USA. Aber das Geschäft läuft. Chancen gibt es für deutsche Betriebe in den USA eigentlich überall und jederzeit.

Newsletter der IHK Hannover, 30.04.19