So mancher Südamerikaner schmunzelt bei der Abkürzung "hp". Steht sie doch im Spanischen nicht nur für den Computerhersteller Hewlett-Packard, sondern auch für "hijo de puta" – auf Deutsch: Hurensohn. Ebenso befremdlich wirkt auf viele spanische Muttersprachler die Marke Roto, unter der die deutsche Roto-Franz AG unter anderem in Spanien und Südamerika Fenster, Türen sowie Dach- und Solartechnologie anbietet. Im Spanischen heißt "roto" schlicht und ergreifend "kaputt".

Die Produkte verkaufen sich trotzdem, ebenso wie die Automarke Seat oder der Modellname Corsa in England. Letzteres ist deshalb erstaunlich, weil "seat" im Englischen "Sitz" und "coarse"  gar "rau", "ungehobelt" und "primitiv" bedeutet.

Unternehmen sollten sich allerdings nicht darauf verlassen, dass ein Markenname trotz unpassender Assoziationen nicht floppt. Denn es gibt auch Gegenbeispiele. So bremste sich Ford in Brasilien mit der Bezeichnung "Pinto" aus – das Wort bedeutet dort nicht nur Küken, sondern umgangssprachlich auch Penis. Das Modell musste in "Corcel" (Pferd) umbenannt werden. Folgende Tipps zeigen, wie Unternehmen bei der Suche eines internationalen Markennamens vorgehen sollten.

Frühzeitig mit der Suche beginnen

Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit der Namenssuche, denn mit dem Namen steht und fällt die Marke. Ein nationales Projekt – gemeint ist die Planung, Entwicklung und Absicherung eines Markennamens für den deutschen Markt – hat eine Vorlaufzeit von mindestens einem Jahr. Der Zeitbedarf für ein internationales Projekt liegt bei durchschnittlich zwei bis drei Jahren.

Ebenfalls wichtig: Binden Sie die obersten Entscheidungsträger in den Entscheidungsprozess ein. Ein Markenname kann nur erfolgreich sein, wenn er auch von ganz oben getragen wird.

Marke richtig positionieren

Keine Marke ohne Strategie: Nur wenn das strategische Fundament steht, kann die Markenbotschaft im Namen erfolgreich auf den Punkt gebracht werden. Bei der Markenpositionierung wird die Gestalt der Marke festgelegt – vom äußeren Erscheinungsbild bis hin zu den elementaren inneren Werten, die sie zukünftig verkörpern soll. Es geht darum, die Einzigartigkeit der Marke zu unterstreichen und sie so in den Augen der Verbraucher im Wettbewerbsumfeld unverwechselbar zu machen.

Langfristig planen

Auch wenn unter der Marke zunächst nur ein bestimmtes Produkt vermarktet werden soll oder Sie nur wenige Absatzmärkte ins Auge gefasst haben: Denken Sie langfristig!

  •     Wie könnten sich Ihr Sortiment, Ihre Zielgruppen oder Vertriebswege  
        verändern?
  •     Wo liegen für Sie die Absatzmärkte der Zukunft?

 All das kann sich auf die Namensfindung auswirken. Achten Sie beispielsweise darauf, dass der Markenname inhaltlich nicht zu einschränkend ist und prüfen Sie, ob der Name in potenziellen Absatzmärkten sprachlich und juristisch geeignet ist.

Viele Namensvorschläge sammeln

Um den richtigen Namen zu finden, brauchen Sie sehr viel Material, aus dem Sie schöpfen können. Denn: Die meisten guten Ideen hatten auch schon Andere, so dass Sie sie aus rechtlichen oder strategischen Gründen nicht mehr verwenden können. Entwickeln Sie viele mögliche Namensvarianten! Bei einer sprachlichen und juristischen Prüfung am Ende werden nur noch wenige Namensvorschläge übrig bleiben.

Kreative Markennamen

Verabschieden Sie sich von stromlinienförmigen Beschreibungen und wenden Sie sich kreativen Markennamen zu! Alles, was gerade im Trend liegt, ist langweilig und fällt im Wettbewerbsumfeld garantiert nicht mehr auf. Einmal abgesehen davon, dass beschreibende Namen juristisch nicht schutzfähig sind und beliebig kopiert werden können.

Nichts ist ärgerlicher, als wenn Sie mit ihrem eigenen guten Namen gleichzeitig Werbung für die Konkurrenz machen. Alternativen zu nahe liegenden Namen sind Kunstwörter oder bestehende Begriffe, die auf den ersten Blick gar nichts mit dem Produkt zu tun haben (zum Beispiel O2 für Mobilfunk).

Sprachlich-kulturelle Überprüfung

Lassen Sie Ihre Namensfavoriten unbedingt von Muttersprachlern in allen Zielmärkten auf Assoziationen überprüfen! Ein Blick ins Wörterbuch reicht nicht aus. Bedenken Sie aber bei der Prüfung, dass in manchen Kulturen keine offene Kritik geäußert wird. Gerade wenn ein Name peinliche Assoziationen auslöst, geben die Befragten das möglicherweise nicht gerne zu.

Deshalb ist es wichtig, bei der Sprachprüfung die kulturellen Eigenheiten des Landes zu kennen und sensibel vorzugehen. Auch die Aussprache ist wichtig. Gerade wenn der Name häufig ausgesprochen werden muss, müssen sich Kunden und Mitarbeiter damit wohlfühlen.

Juristisch prüfen und schützen

Allein das deutsche Markenregister platzt mit weit über einer Million registrierter Marken sprichwörtlich aus allen Nähten. Weltweit sind es über 15 Millionen. Zwar sind nicht alle Markennamen auch tatsächlich auf dem Markt vertreten, doch für das Finden neuer Namen ist dies unerheblich.

Wer einen neuen Namen anmelden will, darf grundsätzlich keine Rechte Dritter verletzen – egal ob dieser Dritte die Marke aktuell verwendet oder nicht. Ob ein Namensvorschlag überhaupt geschützt werden kann oder ob er bestehende Rechte verletzt, sollte von einem Patentanwalt geprüft werden. Auskünfte, wie eine Marke beispielsweise national und international angemeldet werden kann oder wie hoch die Kosten sind, erteilt das Deutsche Patent- und Markenamt.

Markennamen auch als Domain reservieren

Inzwischen gibt es Millionen registrierte ".com-Domains" und unzählige nationale Top-Level-Domains, die bei der Namenssuche ebenfalls berücksichtigt werden sollten. Denn eine Marke, die nicht mehr als Domain verfügbar ist, ist heutzutage nicht mehr attraktiv.

Sollte Ihre Wunsch-Domain noch verfügbar sein, denken Sie daran, auch Nachbar-Domains mit ähnlicher Schreibweise oder einer anderen Domain-Endung zu überprüfen. Das Weiße Haus beispielsweise hatte mit einem Pornoanbieter zu kämpfen, der im Domain-Namen ebenfalls den Begriff "whitehouse" verwendete. Deutsche Top-Level-Domains lassen sich bei der Denic eG abfragen.

Namen in andere Schriftzeichen übertragen

Insbesondere die asiatischen Schriftsysteme stellen eine weitere Hürde dar. Grundsätzlich empfiehlt es sich, einen westlichen Markennamen für den asiatischen Raum in die entsprechenden Schriftzeichen zu transkribieren. Zwar besteht ein Markenschutz für die westliche Form des Namens, doch dass dieser von Drittanbietern in asiatischen Transkriptionen imitiert wird, lässt sich im Zweifelsfall nicht verhindern.

Die unterschiedlichen Sprachsysteme bringen es mit sich, dass Kunstnamen nicht ohne weiteres übertragen werden können. Während die deutsche Sprache alphabetisch aufgebaut ist, gibt es im Chinesischen keine Buchstaben. Stattdessen existieren weit über 40.000 Schriftzeichen – Ideogramme – mit jeweils eigenständiger Bedeutung.

Soll ein westlicher Markenname ins Chinesische übertragen werden, so muss er aus bestehenden Wortzeichen zusammengesetzt werden und damit eine vorher nicht vorhandene Bedeutung annehmen. Vor dieser Herausforderung stand auch der Wasserfilterhersteller Brita. Für den chinesischen Markt wurde deshalb der Name "bì rán dè" entwickelt: "bì" steht für "jadegrün", "rán" für "richtig", "dè" für "Deutschland".

Im Zweifelsfall Zweitmarke wählen

Falls der gewünschte Name in vielen Märkten, aber nicht in allen funktioniert, spricht nichts gegen eine Zweitmarke. Faustregel: So viel Standardisierung wie möglich, so viel Differenzierung wie nötig. Bei einer Zweitmarke spielen jedoch längst nicht immer nur sprachliche oder juristische Hürden eine Rolle. Auch eine abweichende Markenpositionierung kann gegen einen international einheitlichen Markenauftritt sprechen.

Der Aufbau einer Zweitmarke empfiehlt sich beispielsweise dann, wenn eine Premium-Marke im Ausland zwar begehrt ist, aber das Preisniveau nicht beibehalten werden kann. Der Grund: Im Unterschied zu einer Upgrade-Positionierung ist eine Downgrade-Positionierung immer riskant, da sie das Markenimage verwässern kann.

Sybille Kirchner für business-wissen.de, 28.02.13